Fashion Revolution oder wie kann ich Fast Fashion den Kampf ansagen?
Die Begriffe Fast Fashion beziehungsweise Fair Fashion sind fester Bestandteil der Nachhaltigkeits- und Zero Waste Bewegung. Aber was ist eigentlich das Problem mit Fast Fashion, warum gehört Fair Fashion zum Zero Waste Lifestyle und weshalb findet eigentlich seit sechs Jahren die Fashion Revolution Week statt? Ich gebe euch einen kleinen Überblick über die Entstehung der Fashion Revolution, die Crux der Fast Fast Fashion Industry und Tipps, wie man Mode und Nachhaltigkeit zusammenbringen kann.
Was ist die Fashion Revolution Week?
Am 24.04.2013 wurde, nach dem schweren Unglück in der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch, der Fashion Revolution Day ins Leben gerufen. Bei dem Fabrikeinsturz starben 1134 Menschen, 2500 wurden verletzt. Die meisten waren junge Frauen, die Kleidung für große und namenhafte Marken fertigten. Es war das viertgrößte industrielle Desaster der Geschichte.
Aus dem Tag hat sich eine Woche entwickelt, die durch den Hashtag #whomademyclothes Aufmerksamkeit schafft und für mehr Transparenz in der Modeindustrie sorgen soll. Es geht darum, zu zeigen, wer die Menschen hinter unseren Klamotten sind. Denn unsere Kleidung geht einen ziemlich langen Weg bis sie bei uns in den Regalen landet. Etwa 75 Millionen Menschen, angefangen bei Baumwollbauern über SpinnerInnen und WeberInnen, arbeiten daran unsere Kleidung herzustellen.
Die Fashion Revolution Week ist eine globale Bewegung, bei der jeder mitmachen kann. Es geht in erster Linie nicht darum, die Lieblingsmarke zu verbieten oder zu verteufeln, sondern Druck auszuüben und die Macht der KonsumentInnen zu nutzen. Es geht darum, auf Defizite hinzuweisen und die gesamte Lieferkette transparenter zu machen.
Denn warum sollten wir nur bei unserem Essen wissen wollen, wo es herkommt und wer es produziert?
Warum brauchen wir eine Fashion Revolution Week?
„Fehlende Transparenz kostet Leben“, so der Fashion Transparency Index. Die Fashion Revolution veröffentlicht seit ihrer Entstehung einen Index, um Zahlen und Fakten offenzulegen und, um mehr Transparenz in die textilen Lieferketten zu bringen. Im Jahr 2015 kannte jede zweite Modemarke die Fabriken nicht, in denen sie fertigen lässt. 90 Prozent der Befragten wussten nicht, woher die Rohstoffe für die Kleidung kamen und drei von vier Labels hatten keine Ahnung, woher ihre Stoffe stammten.
Wenn die Modemarken die Problematiken nicht mal kennen, wie sollen sie dann dagegen vorgehen? Und genau hier kommt die Stimme des Kunden ins Spiel. Vielleicht interessiert die Lieferkette nicht. Doch, was interessiert, ist immer, was ein (potentieller) Kunde zu sagen hat. Deshalb ist die Stimme jedes einzelnen wichtig.
Auch im diesjährigen Index könnt ihr wieder Zahlen und Fakten zur Transparenz der globalen Player nachlesen.
Aber was ist jetzt genau das Problem mit Fast Fashion?
Die Problematiken sind teils so vielfältig und komplex, weil ineinander verworren, dass ich nur einen Teil beleuchten und anschneiden werde. Ich gebe euch am Ende des Artikels noch Tipps, wo ihr euch weiter informieren könnt.
1. Die Arbeitsbedingungen
Es sind hauptsächlich Frauen zwischen 18 und 35 Jahren, die in den Textilfabriken für den globalen Markt arbeiten. Sie arbeiten unter unhaltbaren Arbeitsbedingungen. Dazu gehören verbaler, wie physischer Missbrauch, ein lachhafter Lohn, von dem die ArbeiterInnen nicht mal ihre Grundbedürfnisse zahlen können, so wie viel zu viele Arbeitsstunden und das Arbeiten unter gefährlichen Bedingungen in dreckigen Fabriken à la Rana Plaza.
2. Die Umweltbelastung
In vielen Fast Fashion Kleidungsstücken finden sich Kunstfasern, z.B. Polyester in Sportkleidung. Diese Kunstfasern werden aus Erdöl gewonnen. Zusätzlich „gibt eine mit 2,8 kg Polyester gefüllte Waschmaschine pro Waschgang rund 460.000 Kunststoffpartikel ab, wonach in Österreich hochgerechnet pro Jahr rund 21 Tonnen Mikroplastik ins Abwasser gelangen,“ so Global2000.
Textilien aus Baumwolle sind allerdings auch nicht unbedingt besser. Zwar bestehen sie aus einem nachwachsenden Rohstoff, allerdings ist Baumwolle die pestizidintensivste Pflanze überhaupt. Jetzt stelle man sich mal vor, man hat dann so ein pestizidverseuchtes Shirt auf der Haut, während die Haut das größte Organ ist. Da kann man Bio-Lebensmittel essen wie man will, man verseucht sich trotzdem.
3. Der Konsum
Laut Global2000 kaufen die ÖsterreicherInnen mehr als 19 kg Kleidung im Jahr. Heruntergerechnet auf das durchschnittliche Gewicht von Kleidung, sind das 60 Kleidungsstücke. Heruntergerechnet auf das Jahr sind das 2 Kleidungsstücke pro Woche.
75.000 Tonnen Kleidung landen im Restmüll. Das heißt, wir werfen pro Person etwa 11.2 kg in den Müll und das obwohl jede/r von uns über 50 kg Klamotten im Schrank hat.
Kleidung setzt Giftstoffe frei, wenn sie auf der Mülldeponie landet und dort verrottet, wie zum Beispiel das Treibhausgas Methan. Die Chemikalien und Farben der Kleidung dringen dann direkt in den Boden ein und verunreinigen das Grundwasser.
Meiner Meinung nach ist das schon allein ethisch ein Problem und verhält sich ähnlich wie Lebensmittelverschwendung. Hier werden Ressourcen für die Tonne verbraucht. Hier wird der Planet ausgebeutet, damit wir in unserer kapitalistischen Gesellschaft das Gefühl haben dazuzugehören, weil wir gerade laut Instagram wieder richtig up to date sind.
Versteht mich nicht falsch, auch ich habe gerne und viel geshoppt. Kostet ja auch alles nichts, dann ist es auch egal, ob man es trägt oder es eben erst im Schrank versauert, um dann im Müll zu landen. Aber genau deswegen ist Aufklärung und Transparenz so wichtig.
Denn, wenn man weiß, was hinter dem ganzen Fast Fashion Modell steht, kann man es einfach nicht mehr unterstützen. Darf man es einfach nicht unterstützen.
Tipps zum nachhaltigen Umgang mit Mode
Ich habe seit über einem Jahr, mit Ausnahme von Unterwäsche und Strumpfhosen, keine neue Kleidung gekauft.
Ich habe es oben schon mal angerissen: Das war nicht immer so. Ich habe mir null Komma gar keine Gedanken darüber gemacht, was es heißt, dass mittlerweile 12 bis 24 Kollektionen pro Jahr produziert werden.
Werbung, Instagram, die Gesellschaft suggerieren uns, dass wir nur dazugehören, wenn wir gerade wieder das neueste Teil im Kleiderschrank haben. Kleider machen Leute und so. Auch ich bin natürlich Teil dieser Gesellschaft. Auch ich möchte gerne gut aussehen, mir mal was gönnen. Aber eben nicht auf Kosten anderer oder auf Kosten der Umwelt.
Deshalb kommen hier meine Tipps zum nachhaltigen Umgang mit Mode.
- Second Hand First
Es ist so wahnsinnig viel Kleidung im Umlauf – da braucht man nichts Neues. Wirklich nicht. Second Hand Kleidung schont nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die Ressourcen. Wenn mir nach shoppen zumute ist, gehe ich in Second Hand Läden, auf Flohmärkte oder schaue mich auf willhaben oder Kleiderkreisel um. Dort werde ich auch bei speziellen Wünschen eigentlich immer fündig. - Tausch Dich glücklich
Ob mit meiner Mitbewohnerin, Freunden oder Familie – eigentlich hat immer jemand etwas über, dass man nicht mehr will, dem anderen aber total gut gefällt. Alternativ gibt es mittlerweile so wahnsinnig viele Tauschmärkte, dass man auch dort eigentlich immer etwas findet und so nicht mal Geld dafür ausgeben muss. - Brauch ich das wirklich?
Auch bei Second Hand tendiert man einfach schnell dazu, sich Teile anzuschaffen, die man eigentlich nicht braucht oder schon hundert Mal im Schrank hat. Deswegen ist die allererste Devise, sich wirklich darüber Gedanken zu machen, ob man das neue Kleidungsstück tatsächlich unbedingt braucht oder, ob es vielleicht reicht, seine alte Kleidung neu zu kombinieren oder upzucylen. - Upcycling
Manchmal reicht es, die alten Teile einfach ein bisschen abzuändern. YouTube oder Instagram bieten jede Menge Inspiration, wie man aus alten Klamotten neue herstellen kann – auch ohne, dass man eine Nähmaschine hat oder auch nur einen Knopf annähen kann. Wenn das alte Teil wirklich nichts mehr ist, findet man online viele Upcycling-Ideen, um die Klamotten komplett umzufunktionieren. Ich habe zum Beispiel aus alten Socken Duftsäckchen hergestellt. - Wenn neu, dann fair
Bei manchen Kleidungsstücken geht mir Second Hand zu weit. Dazu gehört Unterwäsche. Alternativ macht es manchmal auch einfach keinen Sinn, wie z.B. bei Strumpfhosen. Wenn das der Fall ist, kaufe ich ausschließlich fair produzierte Kleidung. Ja, die ist ohne Frage oft teurer, aber mittlerweile sollte klar sein, dass das eben einfach der Preis ist, um faire Bedingungen für die gesamte Lieferkette zu garantieren. Bei Utopia gibt es eine gute Übersicht zu fairen Modelabels. - Meide Fast Fashion Stores
Dieser Tipp ist einer der essentiellsten für mich. Betrete ich erstmal einen H&M oder Zara Store, bin ich restlos verloren – trotz meines Wissens und meiner Prinzipien. Es kostet mich all meine Willenskraft, mir nicht eins der Teile zu kaufen. Deswegen gehe ich halt einfach nicht rein. Präventive Maßnahme und so.
There's more to share than just a look
Ebenso, wie wir in keiner perfekten Zero Waste Welt leben, leben wir auch in keiner perfekten Fair Fashion Welt, die einem den nachhaltigen Umgang mit Mode einfach macht. Ganz im Gegenteil. Es kostet oft Zeit, Kraft und Willensstärke und insbesondere Umgewöhnungszeit. Niemand ist perfekt. Trotzdem kann man auch die Shopaholic-Gewohnheit ablegen und irgendwann wird dann nachhaltigeres Shoppen zur Gewohnheit. Insbesondere, wenn man sich immer wieder vor Augen führt, warum ein nachhaltiger Umgang mit Mode so wichtig ist.
Deshalb gibt es jetzt zum Abschluss noch ein paar weiterführende Fair Fashion Info-Tipps:
- Die Doku, mit der bei mir das Umdenken angefangen hat: The True Cost. Sie zeigt nicht nur, woher Fast Fashion kommt, sondern auch, welche Schicksale dahinter stehen.
- Hafer und Vanille sind ein ganz junger Podcast, die einen tollen übersichtlichen Beitrag zur Fashion Revolution Week und deren Hintergründen produziert haben.
- Auf Fashion Revolution gibt es nicht nur den diesjährigen Index, sondern auch ganz viel weiteres Material rund um die Fashion Revolution (Week).
- Die 3Sat Doku „Vergiftete Flüsse – Die schmutzigen Geheimnisse der Textilindustrie“ klärt insbesondere über den Zusammenhang zwischen Fast Fashion und Umweltverschmutzung auf.
- Fashion Revolution Austria informiert über nachhaltige österreichische Labels und Veranstaltungen.
- Fair Fashion Guides für Wien gibt es bei Pixi mit Milch, eine gesamte Linkliste bei DariaDaria.
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